Das Projekt

Der Forschungsverbund DiViAS verfolgt auf der Grundlage von zwei Fallstudien verschiedene miteinander verschränkte Analyseverfahren und Techniken zur raumzeitlichen Erschließung und Repräsentation von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Für diese Fallstudien stehen konzeptionell zwei zusammenhängende Problemstellungen von Sammlungsforschung im Mittelpunkt: Bewegung (Raum, Zeit, Herkunft) und Materialität (Stofflichkeit, Eigenschaften, Herkunft).

Berücksichtigt werden sowohl die Informationsebene(n) der Objekte als auch die physische Ebene. Dabei werden qualitative und quantitative Methoden aus den Geschichts- und Kulturwissenschaften und Objekt bezogene Analyseverfahren aus der Sammlungs- und Provenienzforschung sowie der historischen Materialitätsforschung mit Methoden der Messtechnik (3D-Digitalisierung) und (Geo)Informatik sowie der Künstlichen Intelligenz (Data Science) zusammengeführt. Die dafür erfassten Daten werden durch neu zu entwickelnde Datenbankstrukturen (Raumzeitl. Datenmanagement) unter Berücksichtigung vorhandener Standards verwaltet und bereitgestellt (Dateninfrastruktur: Erschließung, Sicherung und Bereitstellung). Mithilfe von Visualisierung werden die Daten zu e-Tangibles zusammengeführt und für Nutzer*innen visuell aufbereitet. Beiden Fallstudien inhärent ist die Frage nach Bedeutung im Sinn einer Critical Heritage.


Fallstudie 1 – Bewegung in Raum und Zeit

In der Fallstudie werden Schiffsrouten anhand der Prize Papers-Bestände der National Archives in London und Provenienzen und Sammler*innenbiografien anhand von Sammlungen aus der Südsee des Landesmuseums Natur und Mensch analysiert. Der zentrale Erkenntnisgewinn liegt in der methodischen Zusammenarbeit von Geschichtswissenschaft, Data Science und der Provenienz und Sammler*innenbiographien.

 

Fallstudie 2 – Materialität in Raum und Zeit

Die Fallstudie ist in zwei transdisziplinäre Analysen unterteilt, die sich auf die Bestände der Kuprejanov-Sammlung des Landesmuseums Natur und Mensch und die Prize Papers aus den National Archives in London beziehen. Im Kern geht es um den Erkenntnisgewinn durch die methodische Zusammenarbeit von 3D-Digitalisierung, geschichtswissenschaftlicher Forschung und ethnologischer Provenienzforschung zu Objekten.

 


Querschnittsaufgabe Raumzeitliches Datenmanagement

Objekte des Kulturerbes weisen fast immer einen Zeitbezug auf. Offenkundige Beispiele sind Zeitpunkte oder Zeiträume der Entstehung bzw. der Veränderung oder des Erwerbs. In Textdokumenten kann Bezug auf Ereignisse genommen werden, bei denen der Zeitbezug wesentlich ist. Teilweise sind solche Zeitangaben vage. Auch die Nutzung eines (meist nicht erwähnten) temporalen Bezugssystems muss bei der Auswertung solcher Daten  berücksichtigt werden. Daneben spielt vielfach ein räumlicher Bezug eine wichtige Rolle. Beispiele sind Herkunft oder der aktuelle Standort von Sammlungsobjekten. In Schriften können ebenfalls Ortsangaben enthalten sein. Auch Ortsangaben sind oftmals vage oder schwer zu interpretieren, da der verwendete Name nicht mehr genutzt wird oder nur unscharf lokalisiert werden kann. Bei Sammlungsobjekten, die dreidimensional digitalisiert worden sind, besitzt das Objekt selber eine Räumlichkeit.

Querschnittsaufgabe Visualisierung/Präsentation

Die Herausforderung der adäquaten Visualisierung raumzeitlicher Daten und räumlicher Objekte besteht darin, dass die Objekte unterschiedliche räumliche und zeitliche Komponenten haben und dass die Daten in unterschiedlichen Detaillierungsstufen zur Verfügung stehen. Schließlich haben verschiedene Nutzer unterschiedliche Bedürfnisse bezüglich der Visualisierung. Für weitergehende Analysen und Visualisierungen ist das Zusammenspiel von Raum und Zeit von Bedeutung. Damit kann z.B. der Erwerbskontext eines Sammlungsguts oder eine beschriebene Reise nachvollzogen, und mit anderen Ereignissen oder Sammlungsgütern in Verbindung gesetzt werden. Dies bedeutet, dass zum einen unterschiedliche Visualisierungen für unterschiedliche Objekte entwickelt und entworfen werden müssen, zum anderen diese für verschiedene heterogene Zielgruppen aufbereitet werden müssen.

Querschnittsaufgabe Dateninfrastruktur

Die im Rahmen von Kulturerbe Niedersachsen bereitgestellte technische Infrastruktur stellt sich der Aufgabe, Objektbestände aus geistes- und kulturwissenschaftlichen Forschungsprozessen zu erschließen und den nachhaltigen Zugang zu diesen entsprechend den Bedürfnissen von Forschung und Lehre zu ermöglichen. Aus der Nutzung dieses bereitgestellten Contents entstehen weitere Datenprodukte als Ableitung der Primärdaten, die erweiterte konkrete technische und konzeptionelle Anforderungen an eine gemeinschafts- und nutzungsorientierte Infrastruktur stellen. Diese Datenprodukte müssen für den Einsatz in weiteren Forschungsprozessen aufbereitet werden, um sie für innovative Erschließungs- und Analyseverfahren bereitstellen zu können. Bestehende Metadatenmodelle müssen bedarfsgerecht ergänzt und Schnittstellen zum Datenaustausch entsprechend erweitert werden.